Die Lage auf dem Gasmarkt spitzt sich zu: Die Regierung hat am 23. Juni die Alarmstufe Gas ausgerufen. Was die aktuelle Alarmstufe konkret bedeutet und welche Entwicklungen und Folgen auf Deutschland zukommen könnten, möchten wir klären.
Die Alarmstufe ist die zweite von insgesamt drei Stufen im Notfallplan Gas. Sie tritt in Kraft, wenn eine überdurchschnittlich hohe Nachfrage nach Gas oder eine Störung in der Gasversorgung vorliegt.
Der Plan beginnt mit der Frühwarnstufe. Wird sie ausgerufen, tragen alle Marktteilnehmer Sorge dafür, die Gasversorgung zu sichern. Dies kann etwa durch einen Rückgriff auf die Gasspeicher geschehen. Der Staat greift in der Frühwarnstufe noch nicht ein. Auch in der Alarmstufe ist der Markt gerade noch in der Lage, Störungen oder eine hohe Nachfrage zu bewältigen, ohne dass staatliche Maßnahmen ergriffen werden müssen.
In der Notfallstufe dagegen ist der Staat gezwungen, in den Markt einzugreifen: Die Bundesnetzagentur wird zum “Bundeslastverteiler” und regelt dann die Verteilung von Gas.
Wurde in der Vergangenheit zu wenig Gas importiert, so griff man auf die Gasspeicher zurück, um den geringeren Gasimport auszugleichen. Doch die Gasspeicher sind längst nicht mehr so krisensicher, wie sie es einmal waren: Laut der Bundesnetzagentur (Stand 06.07.22) liegen die aktuellen Füllstände der Speicher in Deutschland bei rund 62 Prozent. Im Jahr 2018 waren die Speicher zu fast 90 Prozent gefüllt.
Ein Grund für die Ausrufung der Alarmstufe ist die Verringerung der Gaslieferungen aus Russland durch die Ostsee-Pipeline Nord Stream 1. Nach der turnusmäßigen Wartung der Pipeline ab 11. Juli flossen zeitweise nur 30 bis 40 % der Maximalauslastung an Gas durch die Rohre. Was weiter geschieht, weiß keiner: verringern sich die Lieferungen weiterhin, bleiben sie stabil?
Laut der Bundesnetzagentur ist die Versorgungssicherheit in Deutschland derzeit weiter gewährleistet und im Saldo wird weiterhin Gas eingespeichert.
Die Füllstände der Gasspeicher sind zur Zeit auch etwas besser als im Vorjahr. Dennoch müssen sich Unternehmen und private Verbraucher auf weiter ansteigende Gaspreise einstellen. Darum gilt nun: So viel Gas wie möglich einzusparen, um die aktuelle Lage nicht weiter zu verschlechtern.
Das Einsparpotential ist groß: Im Mai 2022 wurde ein Drittel weniger Gas verbraucht als im Vorjahr. (vgl. Pressemitteilung BDEW vom Mai22) Auch die Nachfrage nach erneuerbaren Energien für Privatpersonen, wie Photovoltaik-Anlagen, steigt. Der Wille der Bürgerinnen und Bürger, Gas einzusparen und auf Erneuerbare umzusteigen, ist also da. Allerdings gibt es Engpässe beim Fachpersonal und dem Material.