Die Auswirkungen des Klimawandels sind auch bei uns immer deutlicher spürbar. Denken wir nur an die Flutkatastrophe im Ahrtal im vergangenen Jahr und die heißen trockenen Sommer. Um den Klimawandel abzubremsen, müssen die Treibhausgase runter. Das geht nur durch einen beschleunigten Ausbau der Erneuerbaren Energien.
Jetzt drängt der Ausstieg aus fossilen Energien noch aus einem ganz anderen Grund: Wir haben uns zu abhängig gemacht von Energieimporten aus Russland. Wie sehr uns die Drosselung der Erdgaseinfuhren von Seiten Russlands treffen, erleben wir aktuell. Im Winter droht das Gas auszugehen.
Wie sieht eine Versorgung mit Erneuerbaren Energien aus? Und wo steht Deutschland momentan? Das erfahrt ihr hier!
Die erneuerbaren Energien – wo Deutschland aktuell steht
Für Deutschland gilt: Rund 40 Prozent der inländisch erzeugten elektrischen Energie stammten 2021 aus Sonne, Wind, Wasser und Co., 2020 waren es witterungsbedingt mehr, nämlich rund 44 Prozent. Bei Strom sind wir vergleichsweise weit mit der Energiewende. Anders sieht es bei Wärme und Verkehr aus. Der Anteil der Erneuerbaren Energien bei Wärme beträgt En n de 2021 gerade mal 16,5 Prozent, beim Verkehr rund 7 Prozent.
Erneuerbare Energien – das verbirgt sich dahinter
Sprechen wir von Erneuerbaren Energien, meinen wir die Nutzung von Energieträgern, die sich selbst erneuern – entweder nachwachsen oder immer zur Verfügung stehen. Dazu gehören Sonnenlicht, Sonnenwärme, Erdwärme, Windkraft und Wasserkraft, aber auch Holzhackschnitzel und Biomasse, aus der Biogas hergestellt wird. Genutzt werden sie über unterschiedliche Techniken wie Photovoltaik-Anlagen, Solarthermieanlagen, Wärmepumpen, Wasserkraftwerke, Windräder. Biogas und Holzhackschnitzel werden in Blockheizkraftwerken eingesetzt.
Solarenergie
Die Sonne liefert uns eine Menge kostenlose Energie in Form von Licht und Wärme, die wir nutzen können. In Sonnenkollektoren – auch Solarthermie genannt – erwärmt sich durch Sonnenwärme Wasser für die Warmwasserversorgung von Gebäuden. Photovoltaikanlagen (PV-Anlage) dagegen erzeugen aus Sonnenlicht elektrische Energie. Beim Neubau von Wohngebäuden ist seit 1. Mai 2022 die Installation einer PV-Anlage Pflicht. Auch bei energetischen Sanierungen bestehender Gebäude muss beachtet werden, dass ein Teil der Wärme für Heizung und Warmwasser aus erneuerbaren Energien kommen muss. Eine Pflicht, die große Vorteile mit sich bringt: Ein möglichst hoher Eigenstromverbrauch lohnt sich: Die Stromkosten reduzieren sich merklich; die Umwelt dankt es.
Windenergie
Mit einem Anteil von gut 19 Prozent an der Bruttostromerzeugung in Deutschland (2021) gehört die Windenergie neben der Photovoltaik mit 8,5 Prozent (2021) zu den Spitzenreitern der erneuerbaren Energien bei Strom. Windenergieanlagen nutzen das sogenannte Auftriebsprinzip: Der Wind trifft frontal auf die Rotorblätter, die ähnlich gewölbt sind wie die Tragflächen von Flugzeugen. Durch die Wölbung muss der Wind auf der Oberseite der Blätter einen längeren Weg zurücklegen als auf der Unterseite. So entsteht oberhalb des Flügels ein Unterdruck, der eine Kraft erzeugt. Das bringt die Nabe, also das nasenförmige Bauteil, das mit den Rotorblättern verbunden ist, zum Drehen. Die Nabe ist mit einem Generator im Innern der Gondel verbunden, der dann aus der Drehbewegung Strom erzeugt. Windenergieanlagen werden an Land gebaut, sogenannte Onshore-Anlagen, und zunehmend auf dem Meer; das sind Offshore-Parks.
Wasserkraft
Wasserkraft hält in Deutschland 3,2 Prozent (2021) an der inländischen Bruttostromerzeugung. Besonders gut vertreten ist hierbei Baden-Württemberg mit 65 großen Wasserkraftanlagen und rund 1700 kleinen Anlagen unter 1 Megawatt installierter Leistung. Das Potenzial der Wasserkraft ist in Deutschland jedoch weitgehend ausgeschöpft. Ein weiterer größerer Ausbau wäre mit dem Natur- und Umweltschutz nicht vertretbar.
Geothermie
Geothermie ist Erdwärme. Sie hat einen großen Vorteil gegenüber Wind und Sonne. Denn sie steht witterungsunabhängig immer zur Verfügung. Wir unterscheiden zwischen oberflächennaher Geothermie und Tiefengeothermie, je nachdem in welcher Tiefe wir die Erdwärme nutzen und ob wir sie aus Bodenschichten oder Wasser ziehen. Die oberflächennahe Geothermie nutzt den Untergrund bis zu einer Tiefe von rund 400 Metern und Temperaturen von bis zu 25 °C für das Beheizen und Kühlen von Gebäuden. Die Wärme wird aus den Erdschichten oder aus dem Grundwasser gewonnen und über Wärmepumpen auf das erforderliche Niveau gebracht.
Tiefengeothermie nutzt die Erdwärme, die zwischen 400 und 5.000 Metern Tiefe angetroffen wird. Besonders gut geeignet sind Gegenden mit Wärmeanomalien. Dort ist das Temperaturniveau in den genannten Tiefen höher. Ab 90 Grad Celsius ist Tiefengeothermie auch für die Stromerzeugung und den Betrieb von Fernwärme wirtschaftlich. Es gibt bislang nur wenige Anlagen; die stehen überwiegend in Süd- und Südwestdeutschland.
Biomasse
Biomasse umfasst organisches Material wie Holz, Grünschnitt, Mais, Energiepflanzen und Bioabfälle. Aus Grünschnitt, Energiepflanzen und Bioabfälle kann in Biogasanlagen Biogas erzeugt werden. Biogas kann auch zu Bio-Erdgas veredelt werden und dann ins Erdgasnetz eingespeist werden. Es hat dann die gleichen Eigenschaften wie Erdgas.
Holzabfälle werden zu Holzpellets verarbeitet, Hackschnitzel stammen aus Waldholz, Sägenebenprodukten und auch aus Altholz. Beide können entweder in Heizkesseln zur Wärmeversorgung von Gebäuden eingesetzt werden oder in Blockheizkraftwerken zur Erzeugung von Strom und Wärme. Holz kann auch vergast werden. In Rosenheim zum Beispiel steht eine Holzvergasungsanlage. Aus dem entstehenden Gas werden in einem Blockheizkraftwerk Strom und Wärme erzeugt.
Die Vorteile der erneuerbaren Energien
Erneuerbare Energien sind unerschöpflich. Die meisten davon stehen uns jedoch nach den Launen der Natur zur Verfügung wie Sonne, Wind und Wasser zum Beispiel. Jederzeit und nach Bedarf einsetzbar sind die Energieträger, die nicht von der Witterung abhängig sind. Dazu zählen Biomasse und Geothermie. Umso wichtiger ist es, Sonnen- und Windenergieanlagen mit Speichern zu koppeln, um zu viel erzeugten Strom und Wärme für Zeiträume zu speichern, in denen zu wenig Energie für den aktuellen Bedarf erzeugt wird.
Keine fossilen Energieträger mehr
Fossile Energieträger wie Kohle, Öl und Gas erzeugen bei ihrer Verbrennung klimaschädliche Gase. Zudem haben wir diese Rohstoffe kaum im eigenen Land verfügbar. Die Abhängigkeit von Energieimporten aus dem Ausland ist nicht gut, wie uns die aktuelle Situation mit Russland vor Augen führt. Deutschland hat sich dem Pariser Klimaabkommen verpflichtet und will bis 2045 klimaneutral sein: Dafür gibt es nur einen Weg – möglichst schnell weg von fossilen Energieträgern. Das bedeutet im Umkehrschluss: Wir müssen die Erneuerbaren Energien schneller ausbauen – in allen drei Sektoren: Strom, Wärme, Verkehr.
Unabhängig sein
Deutschland hat so gut wie keine eigenen Ressourcen an fossilen Energieträgern. Wenn wir als Land unabhängig sein wollen von Energieimporten, bleibt uns schon von daher nichts anderes übrig, als auf erneuerbare Energien zu setzen – vom dringend gebotenen Klimaschutz ganz abgesehen. Angesichts der drohenden Gasmangellage im kommenden Winter heißt das Gebot der Stunde zudem Energiesparen, wo immer möglich. Denn in Deutschland werden aktuell noch rund die Hälfte der Wohnungen mit Erdgas beheizt und auch Strom stammt noch zu einem Anteil von 12 bis 16 Prozent aus Erdgas.
Ökostrom möglichst vor Ort nutzen
Am besten ist es, Strom aus erneuerbaren Energien auch dort zu verbrauchen, wo er erzeugt wird. Jeder vermeidbare Transport entlastet das Leitungsnetz. Wer eine Photovoltaikanlage auf dem Dach hat, sollte also möglichst viel des selbst produzierten Stroms auch für den Eigenbedarf nutzen und nicht ins Netz einspeisen. Um möglichst autark zu werden, kann zu viel erzeugte Energie in einen Batteriespeicher fließen und von dort bei Bedarf genutzt werden, zum Beispiel abends, nachts oder an trüben Tagen.
Leitungsnetz leistungsfähig ausbauen / Stromströme intelligent steuern
Strom aus großen Windenergieanlagen muss in der Regel zu den Verbrauchern transportiert werden. Dafür muss das Stromnetz ausgebaut werden. Sehr wichtig ist zum Beispiel der Ausbau des Hochspannungsnetzes von Norddeutschland in den Süden der Republik. Der Norden hat viel Wind, im Süden sitzt energieintensive Industrie. Doch der Ausbau läuft schleppend durch Verzögerungen bei Genehmigungsverfahren, oft verursacht durch Bürgerinitiativen. Dadurch kommt die Energiewende langsamer voran als es möglich wäre. Die Stromproduktion ist heute auf sehr viele dezentrale Anlagen verteilt, während in der Zeit der fossilen und atomaren Stromerzeugung wenige Großkraftwerke das Land versorgt haben. Dieser Umbruch von einer zentralen zu einer dezentralen Struktur hat die Steuerung der Stromströme komplexer und anspruchsvoller gemacht; Netzbetreiber installieren sukzessive eine intelligente Steuerung, um Bedarf und Einspeisung aufeinander abstimmen zu können.
Das Erneuerbare – Energien – Gesetz
Das Erneuerbare-Energien-Gesetz regelt primär die bevorzugte Einspeisung von Strom aus erneuerbaren Quellen ins Stromnetz und die Bezahlung von Ökostrom, der ins Netz eingespeist wird. Erzeuger von Strom, der aus erneuerbaren Quellen stammt, erhalten für eingespeiste elektrische Energie 20 Jahre lang eine feste Vergütung. Das Gesetz ist 2022 erneut novelliert worden. Der Großteil der neuen Regelungen des neuen EEG 2023 tritt zum 1. Januar 2023 in Kraft. Dazu wurde das reformierte EEG am 28. Juli 2022 im Bundesanzeiger veröffentlicht. Einige Änderungen greifen jedoch bereits 2022, weil der Ausbau erneuerbarer Energien sehr schnell beschleunigt werden soll. Seit 29. Juli 2022 zum Beispiel greift der Grundsatz schon, dass die Nutzung erneuerbarer Energien im überragenden öffentlichen Interesse liegt und der öffentlichen Sicherheit dient. Damit haben erneuerbare Energien bei Abwägungsentscheidungen Vorfahrt. Zudem ist seit 30. Juli 2022 die Vergütung für alle neuen PV-Dachanlagen gestiegen.
Die Beschleunigung ist dringend notwendig, um das Ziel zu erreichen, bis 2030 rund 80 Prozent des Bruttostromverbrauchs aus erneuerbaren Energien zu generieren.
Um bis 2030 rund 80 Prozent des Bruttostromverbrauchs aus erneuerbaren Energien zu generieren, ist die Beschleunigung dringend nötig.
Zu den wichtigsten Änderungen zählen:
- Die Anpassung der Ausbaupfade und Ausschreibungsmengen für die verschiedenen erneuerbaren Energien
- Die Rahmenbedingungen für PV-Anlagen auf dem Dach und Freiflächenanlagen werden angepasst und verbessert
- Der weitere Ausbau von Biomasse und Windenergie soll stärker in den Vordergrund gerückt werden
Welche weiteren Neuerungen im EEG 2023 vorgenommen werden sollen, könnt ihr in unserem Blog zum energiepolitischen Osterpaket nachlesen: https://www.solar-consulting.de/osterpaket/